Boltenhagen – 18. Dezember 2010

Am 16.12.2010 hat die Gemeindevertretung des Ostseebades Boltenhagen beschlossen, die Amtsfreiheit der Gemeinde aufzugeben.

Die Stühle im Kur- und Festsaal des Ostseebades reichten für die Bürger, die gekommen waren, nicht aus, als am Donnerstagabend die Sitzung der Gemeindevertretung durch Christian Schmiedeberg, den Vorsitzenden der Gemeindevertretung, eröffnet wurde. Alle Tagesordnungspunkte ordneten sich dem Thema des Abends unter – die Aufgabe der Amtsfreiheit stand als TOP 13 auf der Tagesordnung.
Die Einwohner wollten Fragen dazu stellen, aber der Vorsitzende der Gemeindevertretung ließ keine Fragen zu, die sich auf Beratungsgegenstände der Sitzung bezogen. Er berief sich dabei auf die Hauptsatzung, verstieß aber, indem er die Rechte der Einwohner einschränkte, selbst gegen diese Satzung und gegen die Kommunalverfassung M/V (§16).
Aufgrund der Eile der Gemeindevertretung in dieser Sache bestand keine Möglichkeit, eine Einwohnerversammlung einzuberufen, um die Einwohner über diese wichtige Angelegenheit zu informieren. Ein Berater des Innenministeriums M/V hatte am 30.11.2010 den Vorschlag unterbreitet und bereits am 08.12.2010 stand der Vorschlag auf der Einladung.

Nach ca. einer Stunde wurde der TOP 13 aufgerufen. Trotz aller gegenteiligen Beteuerungen der Gemeindevertreter Heinz-Dieter Schultz (SPD), Hans-Otto Schmiedeberg, Christian Schmiedeberg (beide CDU), Maria Schultz (BfB) und Ullrich Sager (FDP) war schnell klar, worin der wahre Grund für diesen Vorschlag bestand:
Die Gemeindevertretung will ihren hauptamtlichen Bürgermeister loswerden und findet keinen anderen Weg, um ein demokratisches Wahlergebnis, das nicht im Interesse der Gemeindevertretung ist, zu korrigieren. Der Gemeindevertreter Wolfgang Seidel (BfB) brachte es auf den Punkt und sprach sich als Einziger gegen diesen Antrag aus. Er schlug für diese wichtige Gemeindeangelegenheit einen Bürgerentscheid vor.
Während der Bürgermeister seine Sicht der Dinge schilderte und Kompromissvorschläge vorstellte, spielte der Vorsitzende der Gemeindevertretung Christian Schmiedeberg gelangweilt mit seinem Laser-Pointer an der Saaldecke. Andere Gemeindevertreter unterhielten sich, tranken Kaffee und aßen Süßigkeiten.

In der sich anschließenden Diskussion sprach Heinz-Dieter Schultz über die rhetorischen Fähigkeiten des Bürgermeisters, der „Jedermanns Freund“ sei, aber leider kein „Verwaltungsfachmann“. Die Wortmeldung ging in der Sache eigentlich am Thema vorbei. Herr Schultz erwähnte auch seine Amtszeit als Bürgermeister von 1996-1999. Er hatte nur vergessen zu erwähnen, dass er während seiner Amtszeit, ohne einen Beschluss der Gemeindevertretung einen Erbbaupachtvertrag unterschrieb und die Gemeindevertretung monatelang nicht von dieser Angelegenheit unterrichtete. Aufgrund seines persönlichen Fehlverhaltens wird die Gemeinde Boltenhagen Schadenersatz in Millionenhöhe zahlen müssen. Er wurde von seinen heutigen Kollegen im Gemeinderat seinerzeit von allen Forderungen frei gestellt. Warum ist eigentlich nicht seine Haftpflichtversicherung in Anspruch genommen worden? Haben nicht auch Gemeindevertreter die Pflicht, Schaden von der Gemeinde abzuwenden? Geht man so mit Steuergeldern um? Einen Bürgerentscheid in Sachen Amtsfreiheit lehnte er übrigens ab.

Hans-Otto Schmiedeberg sprach von Haushaltszahlen und von fehlenden Investitionen im Jahr 2010. „Entscheidet das Innenministerium für uns, haben wir keinen Verhandlungsspielraum mehr, sondern wir sind lediglich Zuschauer.“ Er vergaß zu erwähnen, dass er es war, der sich, gemeinsam mit seinem Bruder Christian, im Innenministerium bei seinen Parteifreunden über den Bürgermeister beschwerte. Damit traten beide die Lawine los, die unsere Gemeinde jetzt erreicht hat. Das Innenministerium hatte sich bis dahin immer aus unseren Angelegenheiten herausgehalten. Der Leiter der Kommunalabteilung, Herr Lapat, sagte sinngemäß, dass er sich nicht vor den Karren der Gemeinde spannen lasse, aber er wird den Karren mitziehen, wenn es die Gemeinde wünsche. H.-O. Schmiedeberg sprach sich gegen einen Bürgerentscheid aus. Warum wohl?

Christian Schmiedeberg behauptete, dass das Wohl der Gemeinde gefährdet sei. Ich möchte an dieser Stelle einmal die Gründe, die die Gemeindevertreter dafür dem Berater nannten, aufführen:

  1. Die Vereinbarung über die private Nutzung des Dienstwagens
  2. Die fristlose Kündigung der Kämmerin
  3. Die vom Bürgermeister gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichtes eingelegte Berufung
  4. Die noch nicht begonnenen Investitionsmaßnahmen im Haushaltsjahr 2010
  5. Die fehlende Vorbereitung auf die neue Haushaltsführung (Doppik)

Ulrich Sager sagte: „Es ist keine einfache Entscheidung und auch nicht die populärste. Aber der Bürgermeister hat uns mehrfach belogen und ist nicht auf uns eingegangen.“ Warum er von einer Entscheidung spricht und sich dann in dieser sehr wichtigen Angelegenheit der Stimme enthält, wird sicher sein Geheimnis bleiben. Was den Umgang mit der Wahrheit angeht, besitzt Ulrich Sager Erfahrungen. So hat er sich aus dringenden betrieblichen Gründen vor der Sitzung der Gemeindevertretung am 24.06.2010 entschuldigt. Es sollten an diesem Tag wichtige Entscheidungen zur Bauleitplanung gefasst werden. Die Sitzung musste wegen Beschlussunfähigkeit abgesagt werden. Wäre ein Gemeindevertreter mehr erschienen, hätte die Sitzung durchgeführt werden können. Lt. Protokoll der Kreistagssitzung vom 24.06.2010 nahm Ulrich Sager an der Sitzung des Kreistages teil. Nimmt er so seine Verantwortung als Gemeindevertreter war? Er sprach sich im Übrigen auch gegen einen Bürgerentscheid aus.

Die Abstimmung über den TOP 13 brachte 9 JA-Stimmen, 1 NEIN-Stimme und 2 Enthaltungen. Über die Durchführung eines Bürgerentscheides wurde nicht abgestimmt. Ich bin in den vergangenen Tagen von vielen Bürgern auf die Möglichkeiten eines Bürgerentscheides angesprochen worden. Ich habe dann auch auf die anderen Lösungsvorschläge hingewiesen, wie zum Beispiel ein Abwahlverfahren gegen den Bürgermeister. Ich würde mich einem solchen Verfahren stellen. Es gibt auch die Möglichkeit der Bildung von Verwaltungsgemeinschaften. Dies würde langfristig die Eigenständigkeit der Gemeinde sichern. In jedem Fall sollte jedoch ein Bürgerentscheid stattfinden! Die Gemeindevertreter haben in dieser Angelegenheit vorschnell gehandelt und undemokratisch. In derart wichtigen Angelegenheiten ist vorher der Bürger zu beteiligen.

Ich würde mich freuen, wenn Sie mir Ihre Meinung per Email an info@olafclaus.de mitteilen.

Ihr Olaf Claus